Kurz innehalten, du gewinnst dann meist Ruhe, Zeit und Klarheit für den nächsten Schritt

Du bist übermannt vom vielen Stoff im Medizinstudium. Du siehst bald die Assistenzzeit vor dir und denkst, wie kannst du das nur überleben. Du bist vor einem neuen Fachgebiet im Medizinstudium und weisst nicht wie einsteigen.

Vor kurzem führte ich an meinem Arbeitsort eine Fortbildung für Assistenzärzte/-innen und Medizinstudenten/-innen zum Thema Resilienz durch. Nach einer Einführung in dieses Gebiet[1] zählte ich im ersten Teil vier Präventionspunkte zur Resilienz auf.[2] In der Diskussion danach erwähnte ein Assistenzarzt einen fünften Punkt, den ich hier ergänzen möchte. Hinzugesetzt habe ich einen sechsten Punkt. Habe ich dies immer super gemacht? Nein, aber im Rückblick wünsche ich es dir, dass es dir gelingt.

Im fünften Punkt geht es um das Ankommen im jetzt, im Innehalten. Wie oft habe ich dies gemacht, wenn eine Situation mit Mitarbeitern, mit dem Chef oder mit dem Patienten herausfordernd waren. Im sechsten Punkt geht es um das konkrete planen des nächsten Schrittes:

  • Fünfter Punkt: Komme in das jetzt an, halte inne:
    • Nimm es dir zur Gewohnheit, in Stresssituationen, in unklaren Situationen oder in Überforderung innezuhalten und einen Schritt zurückzutreten. Das ist ein gedanklicher Akt. Dies kann konkret zum Beispiel folgendes heissen:
      • Ziehe dich kurz an einen ruhigen Ort zurückziehen:
        • dies kann ein anderer Raum sein;
        • dies kann dein Büro sein;
        • dies kann auch einfach das WC/die Toilette sein.
      • Lege kurz die Situation Gott hin;
      • Sammle kurz deine Gedanken (dazu hilft zum Beispiel der sechste Punkt);

Dadurch schaffst du dir innerlich Raum.

  • Sechster Punkt: Überlege, was als nächstes zu tun ist. Dazu kann dir folgendes Vorgehen helfen:
    • Mache eine Problemerfassung
      • Verschaffe dir einen Überblick (was ist das Problem)[3];
      • Beschaffe dir die nötigen Informationen (medizinisches Nachschlagwerk (Buch, Internet), interne Richtlinien, Kollegen, Assistenz-/Stationsarzt, Oberarzt, Pflege…);
      • Verzweifle nicht am neuen Problem;
      • Mach keinen zu schnellen Entscheid, um dich am Anfang nicht zu schnell einzuschränken.
    • Überlege dir, ob du eine Sofortmassnahme treffen musst. Diese darf deinen Entschluss nicht vorgreifen und soll zur Informationsbeschaffung dienen. Dies kann zum Beispiel heissen, dass andere (Mitbeter, Assistenz-/Stationsarzt, Oberarzt) entweder herbeigezogen oder sogar alarmiert werden; vielleicht sagt dir dein Vorgesetzter dann, dass du einen Rapport mit der Pflege organisieren sollst.
    • Überlege dir, ob du kurz einen Zeitplan machen musst.
    • Beurteile die Lage (was ist die nächste Hilfe was der Patient braucht, oder was musst du in deinem Lerngebiet erreichen; wo findest du Hilfe; wieviel Zeit habe ich; usw.).
    • Fasse einen Entschluss:
      • Denke in Varianten, d.h.
        • Welche zwei machbaren Lösungen gibt es;
        • Welcher der beiden ist besser;
        • Welcher Nachteil hat die gewählte Lösung.
      • Berücksichtige deinen medizinischen Hintergrund als Hilfe oder deine gemachten Lernerfahrungen im Medizinstudium;
      • Gebrauche folgende Regeln:
        • «Beginne erst mit der Suche nach Lösungen, wenn du den Überblick hast.»
        • «Wähle nur machbare Lösungen.»
        • «Wähle lieber eine brauchbare Lösung sofort als eine hervorragende zu spät.»
        • «Beachte, dass jede Lösung auch Nachteile hat. Suche nach den Schwächen deiner Lösung…».
        • «Die Lösung darf beim Patienten nicht unnötige Risiken erzeugen oder dich im Werdegang im Studium nicht zu stark stören».
    • Kommuniziere deinen Entschluss:
      • Zuerst Gott mit der Bitte, allenfalls Korrekturen vorzunehmen;
      • Der Umgebenden Personen, die es betrifft.
      • Gib einen kurzen Inhalt, dann dein Vorschlag oder Vorgehen und dann den Umsetzungsort mit Ablauf.

Vielleicht hast du schon gemerkt, dass das obengenannte Vorgehen im Militär angewandt wird.[4]

Es lohnt sich, bewusst innezuhalten wie oben beschrieben und dann, wenn nötig, den nächsten konkreten Schritt zu überlegen. Gott hat uns alles geschenkt, was wir brauchen (2. Petrus 1.3). Ich bin überzeugt, dass du so in eine Ruhe kommst, Zeit gewinnst und schlussendlich im Studium und danach durchhältst.

Hast du dies schon einmal erlebt? Teile dies unten im Kommentar mit. Sage auch, wenn du etwas nicht verstehst oder zusätzliche Ideen hast. Schreibe auch einfach mir persönlich: info@robertstern.ch.


[1] Ich bin nicht Experte in diesem Gebiet und habe mich an eine Literatur aus dem Internet gehalten: https://docplayer.org/26485589-Klinische-stress-und-resilienzforschung-was-koennen-wir-daraus-lernen-meinrad-perrez-universitaet-freiburg.html [25.11.2022].

[2] Es sind die gleichen wie in meinem Blog: https://robertstern.ch/blog/mein-erster-patient-oder-mein-erstes-jahr-im-krankenhaus-moglichkeiten-nicht-zu-ertrinken/.

[3] In solchen Situationen benütze ich gerne einen Mindmap (schreibe mir, wenn du wissen willst, wie ich das mache: info@robertstern.ch). 

[4] Schweizerische Eidgenossenschaft, Schweizer Armee; Reglement 51.019 d; Grundschulung 17; gültig ab 1.1.2017; siehe unter http://www.suov.ch/images/Ausbildung/Reglemente/51_019_d.pdf [23.11.2022], S.62-71.

Leave a Reply

Your email address will not be published.