Sind Medizin und Glaube zwei Welten? Was ist wahr…

Wir sprechen in der Wissenschaft und in der Medizin von Fakten, nicht von Glauben. Der Glaube hat in der Wissenschaft nichts zu suchen. Ist das so? Welchen Fakten glaubt man? Oder ist alles eine Frage des Glaubens und Fakten werden dann zu Fakten, wenn man daran glaubt? Wir sind befreit von der Religion oder ist der Christliche Mediziner noch befreiter?

Im ganzen Medizinstudium habe ich Dinge gehört, die entgegen dem liefen, was ich als Christlicher Mediziner glaube: Anteile im Gesicht entstehen aus dem Kiemenbogen; eine Behandlungsmöglichkeit für Trisomie 21 ist die Abtreibung; was hat das für einen Wert, wenn ein behindertes Kind ausgetragen wird und vieles mehr. Ich war hin und her getrieben zwischen einer konkreten Stellungnahme vor Ort und dem Schweigen. Und wie kann ich das begründen, was ich glaube?

In einer Serie von 5 Blogs gehe ich auf die Frage ein, ist die Medizin und der Glaube ein Gegensatz und versuche ganz praktische Wege zu zeigen, um gelassen in solche Situationen zu reagieren. Ich werde und möchte nicht in allen Details eine philosophische Abhandlung machen. Aber ich werde versuchen, Euch Dinge weiterzugeben, welche mir in meinem Studentenalltag und vor allem später sehr weitergeholfen haben.

Wahrheit = Wahrer gerechtfertigter Glaube

Dieser Satz stammt von Plato ab und half mir in den Argumentationen sehr:

  1. «Wahrer»

So wie ich das verstanden habe bedeutet dies, dass ich eine Aussage, welche ich als Wahrheit mache, auch echt so meine. Ich will nicht manipulieren, nicht lügen und nichts verbergen. In einer gewissen Weise will ich authentisch sein. Hier geht nun meine Interpretation noch weiter. Ich will das, was ich als Wahrheit annehme und glaube aussprechen und leben.

Anders ausgedrückt will ich meinen Mitstudenten und Lehrern und später auch den Patienten so begegnen, wie ich bin. Mein inneres Gespräch, meine innere Überzeugung und mein Glaube sind eins mit meinem äusseren Gespräch, mit meiner Lebensumsetzung und mit meinen Handlungen. Wenn ich etwas nicht weiss, stehe ich dazu, sei es vor den Mitstudenten, vor dem Patienten oder vor meinem Chef. Als Christlicher Mediziner möchte ich sogar, dass Christus in mir nach Aussen dem anderen durch meine Worte und durch mein Leben sichtbar wird.

  1. «gerechtfertigt»

Mein Glaubenssatz muss ich rechtfertigen. Folgende Rechtfertigungsmöglichkeiten gibt es unter anderem:

Vernunft: Ein Satz begründet mit meiner Vernunft kann sehr bestechend sein. Aber wie weiss ich, ob es stimmt?

Erfahrung: Gerade in der medizinischen Forschung wie auch im medizinischen Alltag wird oft über die Erfahrung gesprochen. So sind retrospektive oder prospektive Studien eine Ansammlung von Erfahrungen, welche man auswertet. Die Grenzen sind die, wenn falsche Aspekte der Erfahrung festgehalten wurden oder Fehler gemacht wurden; auch kann je nach Erfahrungssammlung andere Schlüsse gezogen werden. Wann habe ich die richtigen Erfahrungen gemacht, um zu sagen es ist wahr? Es ist also nicht falsch, aber man muss sich der Grenzen bewusst sein.

51% Mehrheit (Demokratie): Die Mehrheit bestimmt, was gemacht werden soll und was richtig ist. War immer das, was 51% der Menschen ausdrückten, das richtige oder die Wahrheit? Sicherlich nicht. Aus meiner Sicht ist eine echte Demokratie nur dann möglich, wenn eine gemeinsame Wertebasis vorhanden ist.

Der oder der hat es gesagt, oder es steht geschrieben. Hier als Beispiele: Im Fernseher hiess es, im Internet stand es geschrieben, im Facebook/Whatsapp/Instagramm wurde mir gesagt, in der Zeitung stand es, der Lehrer hat es gesagt, ein «Führer» hat es gesagt. Ich rechtfertige meine Aussage mit einer Quelle oder einer Person. Wie viele gerade in der Zeit der Fake-News wissen, kann dies auch auf Irrwege führen.

Offenbarung: Ein sehr wohl möglicher Weg der Rechtfertigung kann die Offenbarung Gottes sein. So wie andere Personen etwas sagen können kann auch Gott etwas sagen. Auch wenn kein Glaube an einen Gott bestehen würde, muss man zumindest argumentativ mitgehen und zugeben, dass die Offenbarung ein Rechtfertigungsgrund sein kann.

Wie entscheide ich, was war ist und wie rechtfertige ich es. Dies hängt letzten endlich davon ab, ob ich oder eine Gruppe von Personen oder ein Prozess zu Gott wird und sagt, dies und dies sei war.

Eine Alternative könnte sein, dass ich davon ausgehe, dass es einen personellen Gott gibt, der sich offenbart und mir Einsicht gibt. Der Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat weiss, was richtig und gut ist.

Was denkst Du dazu? Schreibe dies im Kommentar unten.

  1. Glaube

Schlussendlich ist somit alles ein Glaube, der gerechtfertigt werden muss. Es gibt somit auch keinen Unterschied zwischen Wissenschaft und Glaube, sondern verschiedene Formen von Rechtfertigungen von Glauben. Auf dieser Vorgabe hin können wir allen begegnen und auf dem gleichen Boden diskutieren.

Ich muss nicht meinen Glauben rechtfertigen, sondern jeder hat einen Glauben und muss darlegen, wie er ihn rechtfertigt. Ich darf frei über meinen Glauben sprechen.

Teile mir oder uns mit, wie Du mit Aussagen (also Glauben) von anderen umgehst, wenn Du nicht gleicher Meinung bist.

Bist Du wo ganz anders in Deinen Fragen, teile mir diese unbedingt entweder über dem Kommentar oder über das E-Mail (siehe Kontakt) mit.

(1. Folge von “Sind Medizin und Glaube zwei Welten”; nächste Folge)

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