Trainiere deine Verantwortung zum integren Arzt – nützliche Hilfen für einen Studenten

Du bist plötzlich als Medizinstudentin oder -student voll verantwortlich für den Patienten, willst aber keine Fehler machen. Du möchtest in die Verantwortung reinwachsen, worauf musst du schauen. Was machst du, wenn du überfordert bist.

Ich erinnere mich gut an eine Zeit als Medizinstudent, als ich im Kindernotfall im Wahlstudienjahr mithelfen wollte und bei einem Kind mit Trauma[1] versehentlich die Urinflasche wegschüttete. Ich wurde von der Pflegenden stark und recht unfreundlich zurechtgewiesen. Aus heutiger Sicht würde ich anders in diese Situation reingehen.

Eine Medizinstudentin ist kürzlich auf mich zugekommen mit der Frage, wie vorzugehen sei, wenn sie in einer Situation beim Patienten überfordert sei.

Wie kannst du als Medizinstudent, als werdender Arzt, auf dem Weg in die Verantwortung zum Patienten reinwachsen, ohne ihm Schaden zuzufügen:

  • Bete zu Gott täglich, dass er Dir auf dem Weg die nötige Sensibilität gibt und danke, dass er Dir dies bisher gegeben hat.
  • Was machst du und wie gehst du vor, wenn du in einer Situation überfordert bist oder nächstens sein könntest:
    • Informiere dich vorbereitend:
      • Suche nach Leitlinien (schriftlich oder im Intranet);
      • Suche nach Leitlinien im nächsten Zentrum (Universitäten, Kantonsspitäler usw.);
      • Suche nach Leitlinien im Internet:
        • Beispiel:
          • Medix-Leitlinien[2]
          • Kindernotfall App Inselspital Bern[3]
      • Frage die Pflege; sie sind deine ersten sehr hilfreichen Berater.
    • Lass dich nicht runterkriegen:
      • Du hast als Medizinstudent und -studentin noch nicht die Endverantwortung, das heisst:
        • Du hast das Recht, zum Assistenzarzt/Stationsarzt zu gehen;
        • Wenn es Probleme oder Stress mit dem Assistenzarzt gibt, darfst du sogar zum Oberarzt gehen.
      • Sage auch offen, wenn du über ein Vorgehen nicht Bescheid weisst oder etwas noch nie gemacht oder keine Erfahrung hast:
        • Da fällt dir keine Zacke von der Krone 😊;
        • Als Vorgesetzte ist man sogar froh, wenn solche Rückmeldungen kommen.
    • Du traust dich nicht zu fragen:
      • Gerade wenn du gewissenhaft bist, kann es sein, dass du mühe hast, Unwissen zuzugeben; du willst es ja richtig machen. Ich selber musste dies lernen.
      • Jeder Vorgesetzte, wenn er sich zurückerinnert, hat das gleiche mehr oder weniger erlebt; jeder hatte Bereiche, in denen er nicht viel wusste oder aktuell nicht weiss.
      • Gehe einfach auf den Vorgesetzten zu!
      • Lerne Hilfe holen (siehe die Krone weiter oben 😉).
  • Lerne Verantwortung zu übernehmen:
    • Übe dich, indem du Dinge übernimmst:
      • Beginne klein und Schritt für Schritt. Ein erster Schritt ist mal die Anamnese aufnehmen und in die Krankengeschichte eintragen.
      • Ein gutes Feld sind die Voruntersuchungen, welche präoperativ gemacht werden müssen.
      • Untersuchungen auf der Station durchführen:
        • EKG schreiben;
        • Schellong-Test beim Patienten.
      • Erste Dinge im Notfall übernehmen:
        • OSG-Distorsion
        • Rhinitis oder Gastroenteritis behandeln;
        • Eine Wundnaht machen, wenn du schon ein wenig Übung hast.
    • Erfolgserlebnisse im vorhergenannten hilft dir, darin zu wachsen. Danke Gott dafür, er begleitet dich Schritt für Schritt.
    • Cave: zu grosse Selbstsicherheit:
      • Schwächen und Unwissen vor dem Patienten eingestehen; dies ist eine Stärke und du weisst, dass Gott beim Gespräch zuhört;
      • Besprich die Situationen immer wieder mit anderen (Mitstudenten, Assistenzärzte) durch und versichere dich dadurch ein wenig;
      • Überlege dir Vorgehensvarianten, wenn es schwierig werden könnte.
  • Dein Patientenbericht, den du immer häufiger entweder auf der Station oder im Notfall machen musst, muss dem entsprechen, wie du vorgegangen bist:
    • Neben der Anamnese und den relevanten Befunden müssen deine Überlegungen und dein Vorgehen dargelegt werden;
    • In der Klinik, in der ich arbeite, handhaben wir die Unterschriftenregelung so, dass die Verantwortlichkeiten klar sind:
      • Wenn dein Name steht, dann steht darüber auch der Name des Assistenzarztes, da du noch keine Endverantwortung hast;
      • Der Assistenzarzt klickt dann bezüglich Oberarztes folgendes an:
        • «visiert» Name Vorgesetzte; das heisst, der Assistenzarzt hat die Endverantwortung;
        • «besprochen mit» oder «gesehen mit» Name Vorgesetzte; das heisst die Endverantwortung hat der Vorgesetzte.
    • Zivilrechtlich in der Schweiz geht die Untersuchung und Bestrafung bei Todesfall oder Verletzung ad Personam, hier an die Person mit Endverantwortung.

Auch bei mir gibt es Situationen, die völlig neu sind. Da gehe ich hinter die Literatur, bereite mich zum Beispiel bei einer neuen Operation Schritt für Schritt vor und nehme entweder mit dem Vorgesetzten oder einem Erfahrenen Kontakt auf.

Der Respekt vor dem Einstieg ist nicht falsch, aber dies soll dich nicht lähmen. Halte die Belastung aus. Du wirst sehen, dass du es Schritt für Schritt schaffen wirst.[4]

Durchhalten heisst dann auch und wird dann auch beim Vorgesetzten mit der Zeit sichtbar, dass du:

  • etwas zu Ende führst, auch wenn es schon Abend ist;
  • Wort hältst;
  • verlässlich bist!

Die Behandlung des Patienten soll auf dem Rücken von dir und deinen Vorgesetzten verantwortlich laufen und nicht auf dem Rücken der Patienten! Vieles läuft von Menschen unbeobachtet. Sei es deine Gedanken, sei es deine Handlungen. Gott jedoch sieht alles!

Hast du schon positive oder negative Erfahrungen diesbezüglich erlebt. Schreibe dies unten im Kommentar oder direkt an mich.

Ich stand als Assistenzarzt vor einer Situation, in dem mir die Möglichkeit gegeben wurde, einen suprapubischen Katheter zu legen. Die ersten Schritte gingen nicht gut und der Oberarzt nahm mich aus der Situation heraus. Mir ist es ein Anliegen, dass du den Weg in die Verantwortung früh lernst und dir dies nicht passiert!

Hast du Fragen oder Bemerkungen sage es uns oder mir.


[1] Ich erinnere mich nicht mehr an alle Details, aber das erlebte Gefühl ist für mich noch heute gegenwärtig.

[2] https://www.medix.ch/wissen/guidelines/ [2.3.2022].

[3] Google Play: https://play.google.com/store/apps/details?id=de.apptitan.mobileapi.rc6drh&hl=de_CH&gl=US [2.3.2022]; App Store: https://apps.apple.com/ch/app/kindernotfall-nzkj/id1261258315 [2.3.2022].

[4] Suche in der Freizeit immer wieder einen Ausgleich (Sport, Gemeinschaft, Sabbath [1 Tag echt frei]), damit du «abschalten» kannst.

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