Jetzt, bald werde ich ein Wunde nähen,… nein, ein anderer hat genäht oder die Wunde war zu heikel. Jetzt endlich einmal eine Geburt sehen… Nein, schon geboren. Wann komme ich zu meinen Erfahrungen? Soll ich mich vordrängeln? Ich scheue mich, was tun? All das und vielleicht noch mehr hast Du als Student vielleicht schon erlebt…
Etwas ähnliches habe ich am Anfang meiner Assistenzzeit erlebt. Nach einem sehr schwierigen chirurgischen Jahr war ich wie gelähmt. Ich war dann für 6 Wochen auf der Chirurgie in der Innerschweiz. Ich habe bei einem Leitenden Arzt aktiv zugeschaut, wie er eine Unguis incarnatus operiert. Kurz darauf durfte ich eine erste solche Operation machen und er führte mir meine Hand…
Eine Bekannt von mir hat in einer ähnlichen Situation nach einer ersten Frustration eine Assistenzärztin aktiv angerufen und durfte mit ihr mitgehen…
Ich selbst habe in der Studentenzeit sehr gerne mal in ein offenes Abdomen während einer Operation reinschauen wollen. Da habe ich aktiv zu Gott gebetet…
Hier 5 Tipps, wie aktiv zu werden in solchen «Frustzeiten»:
- Suche Dir einen erfahrenen Assistenzarzt/-ärztin, dem/der Du nachlaufen kannst. Wenn dies gerade nicht geht, versuche nach Rücksprache situativ, einem erfahrenen Assistenzarzt für eine kurze Zeit nachzufolgen, ohne den Platz eines Kollegen zu nehmen; der unerfahrene Assistenzarzt wird vielleicht nicht unglücklich sein und in der Zwischenzeit sich weiter organisieren.
- Biete dich an, ob Du bei einer Sprechstunde (Ambulatorium, Poliklinik) mitlaufen kannst. Bei einem Assistenzarzt kannst Du eher etwa «machen», bei Oberärzten, Leitenden Ärzten und Chefärzten siehst Du dafür interessante Krankheitsbilder und kannst dadurch viel lernen.
- Baue ein Kontaktnetz unter Kollegen (Blockstudenten, Wahljahresstudenten, PJ usw.) auf für interessante «Fälle»: Hautbefund, Herzgeräusch, Lungenbefund, Krankheitsbild, palpable Milz usw. Je aktiver Du das andern anbietest, desto mehr wirst Du entsprechend gerufen werden.
- 20/80-Tipp: Schaue, dass Du mindestens 20% Deiner Zeit mit Dingen füllst, die Dich bezüglich Weiterentwicklung im Medizinstudium besonders motivieren. Dadurch kommst Du über die restlichen 80% hinweg; diese 80% sind dann Charakterschulung 😊.
- Zu Gott konkret Deine Anliegen bringen.
Hier 4 Tipps, in welcher Haltung dies am besten angegangen werden:
- Haltung des Dienens; wie kann ich meinem Mitstudenten, dem Assistenzarzt, dem Oberarzt oder Leitenden Arzt oder sogar Chefarzt hilfreich sein. Zum Beispiel: Eine Arbeit abnehmen, etwas erledigen usw.
- Wenn Du bei einem Patienten etwas gelernt hast, diesen Patienten dafür danken.
- Dem Ausbildner (Assistenzarzt, Oberarzt, Leitender Arzt, Chefarzt) für das Beigebrachte direkt danach danken.
- Gott danken sei es direkt danach oder am Schluss des Tags.
…Noch heute mache ich den mir beigebrachten Handgriff bei Unguis incarnatus genau gleich und es war für die Patienten eine grosse Hilfe (inzwischen wird natürlich phenolisiert, was mir auch jemand beigebracht hat 😉…).
…Die Bekannte von mir durfte mehrere Patienten in einem spezialisierten Fach untersuchen und es wurde ihr direkt die Handgriffe gezeigt und zum Teil auch die Hand geführt.
…Gott hat mein obenerwähntes Gebet schon nach wenigen Stunden erhört und ich assistierte an einer sechsstündigen offenen Bauchoperation!
Ich danke den vielen Patienten und großartigen Lehrern für all das, was ich bis heute lernen durfte. Wäre ich nur etwas aktiver gewesen, dann wäre vielleicht mehr dringelegen. Schlussendlich danke ich Gott, dass er bis heute treu ist!
Hast Du Tipps und Tricks, welche anderen helfen können? Teile Deine Erfahrungen und Erlebnisse unten im Kommentarfeld mit!