Dein Weg in die medizinische Berufung? Schritt für Schritt erfolgreich durch Medizinstudium und Assistenzzeit

«Das Finden meiner Berufung in der Medizin würde mich interessieren.»[1] Du bist im ersten Drittel des Medizinstudiums und fragst Dich, ob Medizin wirklich Dein Ding ist. Du bist im zweiten Drittel und willst versuchen, bezüglich Fachrichtung strategisch vorzugehen. Du bist am Ende der Studienzeit oder am Anfang der Assistentenzeit und bist am Suchen, in welche Fachrichtung zu gehen.

Ich bin in meiner Studentenzeit sehr unsystematisch, wenn nicht sogar chaotisch vorgegangen. Rückblickend würde ich in den meisten Fragen anders vorgehen. Am Anfang steht sicher in allem das Gebet. Im Weiteren hier ein paar Gedanken, so dass Du vielleicht nicht die gleichen Fehler machen musst:

1. Am Anfang des Studiums

(Foto: Waltraud Grubitzsch/dpa): https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/medizin-die-depressiven-jungen-aerzte-1.3282312
  • Im ganzen Lernstress[2] stellst sich oft die Frage, Medizin ja oder nein. Ich finde folgende Punkte dazu noch hilfreich:
    • Viele sind durch den Numerus Clausus gekommen, was wie eine erste Bestätigung und in dem Sinne eine offene Türe[3] ist. Wollte Gott nicht, dass du das Medizinstudium machst, wäre hier schon ein Stopp;
    • Du hast schon erste Prüfungen bestanden (vielleicht zum Teil erst beim zweiten oder dritten Mal); egal wie auch dies ist eine Bestätigung wie beim Numerus Clausus.
  • Gut ist es, durch Erfahrungen den Weg weiter zu bestätigen. Gehe unbedingt schnuppern:
    • In der Schweiz muss jeder ein «Häfelipraktikum» machen, das ist ein Pflegepraktikum. Mach unbedingt ein Praktikum (Spital, Praxis usw.), so dass du die Umgebung der Patienten und den Patienten selbst besser kennenlernst. Sehr oft wächst ein Herz für die Patienten und dadurch für das Studium;
    • Versuche im Gesundheitswesen deine Nebenverdienste zu machen (Praxis, Nachtwache im Spital usw.);
    • Frage bei Praxen nach, ob Du Einsitz nehmen kannst.
    • Sollte die Medizin für dich immer noch nicht klar sein, hole dir Rat in der Familie, in der Gemeinde, bei älteren Studenten oder bei Assistenzärzten und älteren Kollegen. Hilfreich dazu sind die Treffen in christlichen medizinischen Vereinigungen, in der Schweiz zum Beispiel bei AGEAS, in Deutschland bei ACM oder in Österreich bei der Archae.

2. Im mittleren Drittel des Studiums

In der Schweiz kann in der Suche der Praktikumstellen im Wahljahr (in Deutschland im Praktischen Jahr, in Österreich im Klinisch-Praktischen Jahr) ohne weiteres strategisch vorgegangen werden. So kannst du in verschiedenen Gebieten reinschnuppern. Auch kannst Du versuchen, eine Praktikumsstelle dort zu finden, an dem du später die Weiterbildung machen willst. Ich empfehle dir, wenn es dir gut gefällt, beim Chef eine Bewerbung einzugeben oder wenn möglich sogar ein Bewerbungsgespräch durchzuführen. Auch dies kann bei Annahme als Zeichen einer offenen Türe[4] gelten.

3. Ende des Studiums und Beginn der Assistentenzeit

Hier eine Liste von pragmatischen Punkten, die in der Entscheidung in welche Fachrichtung zu gehen eine Rolle spielen können:

  • Schau auf das einfachste und naheliegendste: das ist eine Praxis der Allgemeinmedizin. Diese Ausbildung ist kurz, du hast schnell eine Selbständigkeit und gerade in Gemeinschaftspraxen besteht die Möglichkeit des Austausches und auch die Möglichkeit Teilzeit zu arbeiten und dich zum Beispiel vermehrt der Familie zu widmen.
  • Schaue auf die lokalen Bedürfnisse in der heutigen Zeit. Es werden zumindest in der Schweiz dringend Allgemeinpraktiker und Kinderärzte für die Praxis gesucht.
  • Schaue nach dem, wer du bist. In der heutigen Zeit macht es eher mehr Sinn, als Frau in die Frauenmedizin zu gehen als ein Mann. Wenn dir die Akutmedizin mit Notfall nicht liegt, kann die Arbeit in einer Versicherung oder in einer Verwaltung das Richtige sein.
  • Schaue nach deinen Möglichkeiten. Willst du dich aktiv in einer Familie (Ehe und Kinder) investieren, dann ist ein Ziel, möglichst schnell selbständig zu werden (Allgmeinpraxis, Dermatologiepraxis, Augenarztpraxis) oder zumindest den ersten Teil der Weiterbildung gemacht zu haben. Dies besonders, wenn du mit deinem Partner oder deiner Partnerin die Zeit mit den Kindern aufteilen willst. Auch ist die Tätigkeit in einer Gemeinschaftspraxis sehr interessant, da oft Teilzeitarbeiten möglich sind. Es gibt auch immer mehr Stellen im Spital, die solche Wege anbieten. Im Spital muss jedoch noch viel gemacht werden, bis die Situation erreicht wird, dass man dort «gewinnen kann und gleichzeitig zu Hause erfolgreich» ist.[5]
  • Schaue nach deinen Fähigkeiten (kurze spontane pragmatische Liste):
    • Medizin: Liebe für die Diagnostik und die Differentialdiagnose.
    • Chirurgie: Handwerkliche Fähigkeiten, Raumvorstellungsvermögen, beide Augen intakt, Durchhaltewillen, Machertyp, starken Willen etwas zu Ende zu führen.
    • Psychiatrie: Fähigkeit zur Kommunikation, sich gut abgrenzen können, den Patienten immer wieder loslassen können, sich gut und klar ausdrücken können.
    • Intensivmedizin: Stetig dranbleiben, bis eine Lösung gefunden wird.
  • Schaue auf dein Herz bezüglich Patienten. Liebst du alte Menschen, liebst du Kinder, willst du den Patienten mit all den verschiedenen Krankheiten betreuen (Allgemeinpraxis) oder willst du in einem Spezialgebiet mit vielen verschiedenen Patienten tätig sein. Willst du mit dem Patienten gegen die Krankheit kämpfen und auch wenn dies heisst, ihn beim Tod loslassen zu müssen (Onkologie).
  • Schau auf deinen Weg im Praktikum und dann in der Assistentenzeit, denn Gott spricht auf verschiedene Arten und durch verschiedene Personen zu dir. Eine Kinderkardiologin wurde durch den Chef einer Kinderkardiologie in dieses Gebiet gerufen, als sie die Rotation auf der Kinderkardiologie machte; sie wollte eigentlich nur Pädiaterin werden.
  • Schau auf dein Familienerbe. Was waren die Fähigkeiten deiner Eltern und Grosseltern. Vielleicht kannst du sogar später eine Praxis deiner Eltern übernehmen.
  • Schau auf den kranken Patienten. Vielleicht berührt dich die Krankengeschichte eines Patienten, so dass du in dieses Fachgebiet einsteigst. Vielleicht motiviert dich eine Tätigkeit in einem speziellen Krankheitsgebiet. In der heutigen Zeit könnte die Covid-19 Pandemie ein solcher Auslöser sein.

Du siehst, es sind so viele Wege möglich, wie Gott dich in deine Berufung hineinbegleitet. In allem ist ein Grundvertrauen wichtig. Ein Vertrauen in die Souveränität Gottes, der alles in den Händen hat und dich nicht loslässt. Er wird es dir in einer verständlichen Sprache klar machen, wo es weiter geht. Manchmal sogar überraschend und ausserhalb jeder Vorstellung[6].

Es kommt auch der Punkt, an dem du auch einfach entscheiden darfst. Gott führt, begleitet und korrigiert auf dem Weg.

Schreibe unten im Kommentar oder als E-Mail an mich, was deine Wege waren oder was deine Fragen bezüglich Berufung sind.


[1] E-Mail-Antwort auf mein Blog https://robertstern.ch/blog/deine-fragen-sind-mir-wichtig-sag-mir-was-dir-am-herzen-liegt/.

[2] Im Lernstress geht es oft darum, das Lernen für sich persönlich zu lernen und die Berufung in die Medizin noch genauer zu erkennen.

[3] Siehe zu offene und geschlossene Türen Chuck Swindoll, The Mystery of God’s Will: https://www.youtube.com/watch?v=T1Lqd8uCgBI [15.7.2021].

[4] Siehe dazu oben erwähnt Chuck Swindoll.

[5] Siehe dazu das Buch M. Hyatt, M. Hyatt-Miller; Win at Work and Succeed at Life, 5 Principles to free yourself from the cult of overwork (https://amzn.to/2UdVhkE)

[6] Siehe zu Überrraschungen ebenfalls Chuck Swindoll, The Mystery of God’s Will: https://www.youtube.com/watch?v=T1Lqd8uCgBI [15.7.2021].

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